Internationaler Workshop zur
Verbzweit-Stellung, 24. – 26. Juli 2015
Bergische Universität Wuppertal
Erste Informationen:
  • Veranstaltungsort: Bergische Universität Wuppertal
  • Fr 24.7.2015: Campus Freudenberg, Vortragsraum Gästehaus
  • Sa 25.7.2015: Campus Freudenberg, Vortragsraum Gästehaus
  • So 26.7.2015: Campus Grifflenberg, B.06.01


Inhaltlicher Rahmen:
  • Die Voranstellung des finiten Verbs in den germanischen Sprachen wird als V2-Phänomen bezeichnet. Speziell im Deutschen lässt sich als grobe Generalisierung feststellen, dass das finite Verb im Hauptsatz in Erst- oder Zweitposition auftritt (1), während es sich im Nebensatz in Endposition befindet (2):
    (1) a. Hat Karl gestern seinem Freund ein Buch geschenkt?
    b. [Seinem Freund] hat Karl gestern ein Buch geschenkt.
    c. Wem hat Karl gestern ein Buch geschenkt?
    (2) a. (Maria meint,) dass Karl gestern seinem Freund ein Buch geschenkt hat.
    b. (Dort steht der Mann, ) dem Fritz gestern ein Buch geschenkt hat.
    c. (Allen ist unklar, ) wem Karl gestern ein Buch geschenkt hat.
    Die Frage nach dem Status von Hauptsätzen und ihrer Fähigkeit, Sprecherintentionen in Diskurssituationen zu verankern und damit illokutive Kraft zu entfalten, scheint eng mit der Voranstellung des finiten Verbs zusammenzuhängen. Für Nebensätze, die i. d. R. Verbend-Stellung aufweisen, gilt dies nicht.

    So ist das Behaupten (mit Deklarativsätzen), das Stellen von Entscheidungs- und Ergänzungsfragen (mit Interrogativsätzen) und die direkte Aufforderung (mit Imperativsätzen) nur mit vorangestelltem finiten Verb möglich. Strukturen mit Verbend-Stellung besitzen diese Sprechakt-Eigenschaft i. d. R. nicht.

    Finitheit als Komplex der flexionsmorphologischen Markierungen für Person, Numerus, Tempus und Modus eröffnet dabei dreierlei Möglichkeiten:
    1.die Prädikationsrelation zwischen Subjekt und Prädikat,
    2.die Verschiebung des ausgedrückten Ereignisses in der Zeit,
    3.die Verschiebung des ausgedrückten Ereignisses von der Wirklichkeit in (nur mögliche) Alternativwelten.
    Die Kategorie Finitheit ist damit der grammatikalisierte Reflex der kognitiven Fähigkeit des Menschen, Ereignisstrukturen losgelöst von der aktuellen Äußerungssituation auf zeitlich versetzte und mögliche (nicht-wirkliche) Zusammenhänge zu projizieren.

    Dass die Voranstellung des finiten Verbs im Satz darüber hinaus u. a. die Aktualisierung illokutiver Funktionen steuert, wird ein zentraler Aspekt des Workshops sein -- vor allem, weil auch in gewissen eingebetteten Sätzen das V2-Phänomen auftritt, eingebettete Sätze i. d. R. aber keine Illokution besitzen:
    (3) a. (Maria meint,) dass Karl gestern seinem Freund ein Buch geschenkt habe.
    b. (Maria meint,) Karl habe gestern seinem Freund ein Buch geschenkt.
    (4) a. (Karl hat ein Auto,) das ganz verbeult ist.
    b. (Karl hat ein Auto,) das ist ganz verbeult.
    Dass diese Verbstellungsoptionen aber nicht generell verfügbar sind, zeigen die folgenden Beispiele:
    (5) a. (Maria hat übersehen,) dass Karl gestern seinem Freund ein Buch geschenkt hat.
    b. *(Maria hat übersehen,) Karl hat gestern seinem Freund ein Buch geschenkt.
    (6) a. (Karl kennt jede Zeitschrift,) die über den G7-Gipfel berichtet hat.
    b. *(Karl kennt jede Zeitschrift,) die hat über den G7-Gipfel berichtet.
    Der Workshop thematisiert diese zentralen Fragen über die kognitive Ausstattung des Menschen und die damit verbundenen epistemischen und kommunikativen Funktionen und setzt sie in Relation zu den grammatischen Formen, die sich im Sprachsystem niedergeschlagen haben.